New Work von Innen

Warum wir dieses Jahr die “Inner Work Alliance” gegründet haben, gemeinsam mit Ashoka Deutschland und dem betterplace lab

In meinen zehn Jahren Social Entrepreneurship habe ich gelernt: Eine bessere Welt braucht offenere, selbstorganisierte Führungsformen und eine menschlichere Arbeitswelt. Hierarchische Unternehmen mit autoritärer Führung, aber auch Nonprofits mit Debatten- und Konsenszwang führen oft in die Frustration. Statt in die Zukunft, die wir als Gesellschaft brauchen.

Was ich auch gelernt habe: Selbstorganisation klappt nur, wenn sich Einstellungen und innere Kompetenzen bei Chef*innen und Teams wirklich verändern. Beispiele dafür sind selten. Wir – eine Gruppe erfahrener Entrepreneurs und Coaches, die das erfolgreich seit Jahren leben – haben uns nun zu einer Allianz zusammengetan, in Partnerschaft mit Ashoka Deutschland und dem betterplace lab. Was wollen wir damit bewegen?

Ashoka machte eine einzigartige Erfahrung

Im Jahr 2016 krempelten wir den Laden um. Wir entwickelten im Team von Ashoka Deutschland unser eigenes Unternehmen in eine selbstgeführte Organisation. Zwei Jahre lang arbeiteten wir an unserer kulturellen Vision: eine Organisation ohne klassische*n Chef*in und ohne formale Hierarchien. Dann war es uns gelungen, mit durchschlagender Wirkung für das Team, die Organisation und alle Netzwerke, in denen Ashoka arbeitet. Wir schafften alle unsere Titel ab und warfen unsere alten Visitenkarten weg.

Unser Ansatz ist recht einzigartig in Deutschland. Wir ahmten kein festes Modell nach (wie z.B. Holacracy). Stattdessen starteten wir konsequent bei der Persönlichkeitsentwicklung des Teams und stärkten die entscheidenden inneren Kompetenzen für geteilte Führung: Selbstkontakt, Feedbackfähigkeit, Metareflektion und andere. Erst daraus kamen wir zu einem radikalen und für uns maßgeschneiderten Selbstorganisations-Modell.

Danach haben wir oft im Ashoka-Team darüber nachgedacht: Wie könnten wir mit der Erfahrung dieses Transformationsprozesses anderen weiterhelfen?

Ashoka Deutschland als Inspiration für andere

Zunächst gaben wir unsere Erfahrung gemeinsam mit unserer Organisationsentwicklerin Bettina Rollow weiter und unterstützen einzelne andere Organisationen auf ähnlichen Wegen. Weil Anfragen eintrudelten, etwa von Ashoka-Büros aus verschiedenen europäischen Ländern. Oder als Reaktion auf unsere Auftritte bei Konferenzen. Oder weil die Medien auf uns aufmerksam geworden waren und uns portraitierten – wie die Zeit im Mai 2018.

Unser Transformations-Ansatz hat eine große geistige Nähe zur Mission von Ashoka – eine Welt zu schaffen, in der jede*r ein Veränderer sein kann. Hunderte Social Entrepreneurs im Ashoka-Netzwerk zeigen, wie man anders führen und Organisationen anders denken kann. Diese Erfahrungen zum Thema Führung hat Ashoka immer wieder analysiert, mit Partnern in der Wirtschaft reflektiert und dazu publiziert.

Aber: Ashoka ist keine Organisationsberatung. Und wollte auch keine werden.

Ashokas erste Beratungsformate

Als Versuchsballons entwickelten wir dennoch eigene Formate: etwa zweitägige Workshops unter dem Titel „Everyone Leads“ für das globale Ashoka-Netzwerk, mit Kolleg*innen von Brasilien bis Thailand.

Teilnehmer*innen des „Everyone Leads“-Workshops von Ashoka im März 2019 (© Bettina Rollow)

Wir unterstützten die englische Übersetzung des Buches „New Work needs Inner Work“, in dem Joana Breidenbach und Bettina Rollow die Struktur und Methoden des bei Ashoka benutzten Ansatzes beschrieben. Das Ergebnis kam 2019 als „Ashoka Edition“ des Buches heraus und wird im Ashoka-Netzwerk zur Inspiration und Weiterbildung genutzt.

Die große Resonanz auf diese Angebote zeigte: Das Interesse von Sozialunternehmern und Wirtschaftsunternehmen ist immens. Im Jahr 2020 war Ashoka sogar Finalistin des New Work Award.

Wir begriffen: Was für eine verpasste Gelegenheit wäre es, jetzt aufzuhören? Wir mussten unserem „Inner-Work“-Angebot jetzt ein Gesicht nach außen geben! Am besten mit engen Partnern aus der Szene.

Schulterschluss mit anderen Profis

Ich sprach mit den mir gut vertrauten Carolin Silbernagl und Joana Breidenbach, zwei Veteraninnen des betterplace lab. Das lab hatte bereits 2014 eine ähnliche, extrem erfolgreiche, Veränderung hin zu Führung ohne Chef*in durchgeführt. Auch das betterplace lab hatte viele Anfragen erhalten – befeuert durch die starke mediale Präsenz von Joana, die glänzend über das Thema spricht und schreibt. Joana und das lab-Team inspirierten und begleiteten ebenso bereits eine Reihe von Unternehmen.

Aber das betterplace lab stellte sich ähnliche Fragen: Das lab ist ein digital-sozialer Think-und-Do-Tank, aber eben auch keine Organisationsberatung.

Je mehr wir miteinander sprachen, desto mehr wurde klar: Unsere gemeinsame, sehr spezielle Erfahrung brauchte einen gemeinsamen, einheitlichen Auftritt. Und eine eigene Identität: ein Allianz der Führungskräfte, Expert*innen und Coaches, die den „Inner-Work-Weg“ zur Selbstorganisation selbst durchlebt hatten und diese Erfahrung weitergeben wollen.

Corona als Treiber

Gleichzeitig nahm 2020 die Corona-Pandemie ihren Lauf. Sie zwang das ganze Land über Nacht zu verteilten und selbstverantwortlicheren Arbeitsformen. Und sie zeigte schonungslos auf: Die meisten Unternehmen, Non-Profits und Behörden sind damit nicht nur technisch, sondern auch kulturell vollkommen überfordert.

Im Grunde war das aber eine riesige Entwicklungschance: nämlich als Chef*in den Blick nach innen auf die eigenen Unsicherheiten zu richten und sie zum Ausgangspunkt einer Kulturveränderung der Arbeitswelt zu machen. Es gab damit noch einen Grund mehr, unser Thema stärker nach außen zu tragen.

Die Inner Work Alliance geht online

Im Oktober 2020 gründeten wir und gingen online, mit der Website der „Inner Work Alliance“ und einem breiten gemeinsamen Angebot von Vorträgen, Workshops, Büchern und Onlinekursen. Mit dabei sind von Anfang an neben mir Bettina Rollow, Joana Breidenbach, Carolin Silbernagl, Matthias Scheffelmeier und Stephan Peters – und als offizielle Partner Ashoka Deutschland und das betterplace lab.

Ich hatte mich bereits im September selbständig gemacht, als New-Work-Berater, aber auch als Executive Coach und Berater für Impact-Initiativen.

Wir, die Inner Work Alliance, verstehen uns von Beginn an als Botschafter für neue, menschlichere Führungsformen. Und wir streben nach einem Paradigmenwechsel hin zu Transformationsprozessen, die das Innenleben der Mitarbeiter*innen und Teams zum Maßstab nehmen. Das tun wir auf drei Arten:

  1. Wir geben mit unserer eigenen praktischen Erfahrung Inspiration und Impulse für Selbstorganisation: durch unsere diversen Formate.
  2. Wenn Organisationen interessiert sind, begleiten Expert*innen der Inner Work Alliance (typischerweise Bettina oder ich) längere Organisationsentwicklungen.
  3. Social Entrepreneurs wie wir wollen langfristig mehr als beraten. Sie wollen Plattformen bauen. Hier bedeutet das: Wir stellen uns als nächste Stufe den Aufbau einer Community vor, aus anderen Praktiker*innen, die in ihren Organisationen ähnliches umgesetzt haben. Und mit denen wir uns austauschen und gemeinsam neue Ideen und Unterstützungsformate entwickeln.

Der Kern ist dabei immer: Organisationsentwicklung nicht als etwas zu verstehen, das nur Organigramme verändert. Sondern als etwas, das nur durch innere Veränderung und Entwicklung jedes Einzelnen tatsächlich stattfindet.

Stay tuned!

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